Remonstrationen gegen Bewertungen vom Lehrstuhl für Deutsches und Bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht (Prof. Dr. Max-Emanuel Geis)
Remonstrationen gegen Bewertungen vom Lehrstuhl für Deutsches und Bayerisches
Staats- und Verwaltungsrecht (Prof. Dr. Max-Emanuel Geis)
A. Vorbemerkung
I. Eine Remonstration setzt ernsthafte Bedenken gegen die Korrektur und Bewertung der Arbeit voraus. Unstimmigkeiten im Detail – insbesondere wegen der Formalia – genügen hierfür nicht, da die Benotung stets von einer Gesamtbeurteilung abhängt, in die eine Fülle von Faktoren einfließen. Die Gewichtung der Faktoren unter- und gegeneinander ist prinzipiell Sache des Prüfers.
II. Eine Remonstration erfordert die kritische Prüfung, ob tatsächlich Korrekturfehler/-mangel Ihrerseits gefunden worden sind. Die Bearbeitung von Remonstrationen kann daher einige Zeit in Anspruch nehmen.
III. Bitte überlegen Sie vorab, ob Sie tatsächlich remonstrieren wollen und sollten, wenn Sie lediglich mit Ihrer Bewertung unzufrieden sind, gleichsam aber gerade nicht unterpunktet haben.
B. Formales zur Remonstration
I. Die Remonstrationsfrist beträgt zwei Wochen und beginnt mit dem Tag der Bekanntgabe der Noten. Unerheblich ist dabei, ob am gleichen oder einem anderen Tag die Besprechung der Bearbeitung erfolgt ist.
II. Innerhalb der unter Ziffer I. genannten Frist muss die Remonstration schriftlich (nicht per E-Mail) beim Lehrstuhl erhoben werden. Die jeweilige Bearbeitung (Klausur / Hausarbeit) ist als Anlage beizufügen.
III. Die Remonstration muss eine substantiierte Begründung der ernsthaften Bedenken enthalten. Die Begründung muss die angesprochenen Korrekturmängel präzise bezeichnen (siehe hierzu unter Lit. C.).
IV. Die Remonstration kann nicht darauf gestützt werden, dass andere Arbeiten mit ähnlichen Aussagen besser bewertet wurden (inhaltliches hierzu siehe unter Lit. C. X.).
C. Inhaltliches zur Remonstration
Eine Remonstration hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Korrektur der Klausur fehlerhaft ist. Es müssen ernsthafte Bedenken gegen die Korrektur und Bewertung der Arbeit bestehen.
I. Eine erfolgreiche Remonstration setzt mindestens einen Korrekturfehler bzw. Korrekturmangel voraus, der sich auf die Gesamtbewertung der Bearbeitung ausgewirkt hat. Die behaupteten Korrekturmängel müssen präzise bezeichnet werden. Pauschale Kritik oder der allgemein geäußerte Wunsch nach einer besseren Benotung genügen nicht. Sachfremdes (drohende Exmatrikulation, gesundheitliche Probleme, betriebener Aufwand, persönliche Lebensumstände etc.) stellt keine tragfähige Begründung dar, sondern kann als Unterschleif bewertet werden (VGH Mannheim NJW 2007, 2875).
II. Zunächst empfiehlt es sich, einen kritischen Vergleich des eigenen in der Klausur verfolgten Lösungswegs mit den Lösungshinweisen des Lehrstuhls vorzunehmen. Hierbei können Missverständnisse bereits beseitigt und die maßgeblichen Bewertungskriterien nachvollzogen werden.
III. In die Beurteilung der Klausur fließen eine Vielzahl von Faktoren ein. So genügt die Kritik an einzelnen, bei einer Gesamtbetrachtung nicht als gravierend zu erachtenden Details nicht. Insbesondere die Gewichtung der jeweiligen Faktoren ist prinzipiell Sache des Prüfers, der hierbei über einen erheblichen und grundsätzlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum verfügt. Als fehlerhaft ist eine Korrektur beispielsweise anzusehen, wenn vertretbare Lösungen von Seiten des Lehrstuhls als falsch gewertet werden oder tatsächlich Geprüftes als fehlend bemängelt wird und diese Fehlbeurteilungen als schwerwiegend anzusehen sind. Allerdings ist nicht jede Lösung grundsätzlich vertretbar. An der Vertretbarkeit mangelt es, wenn ein verfolgter Lösungsweg logische Brüche enthält oder ein abweichendes Ergebnis nicht hinreichend begründet wird.
IV. Maßgeblich für die Bewertung ist vorrangig nicht das Ergebnis, sondern die Entwicklung desselben. Ein Mangel kann daher auch dann erheblich sein, wenn er keine Auswirkungen auf das Ergebnis der Prüfung hat.
V. Sprachliche und grammatikalische Mängel können zu Punktabzug führen. Dies umfasst auch deutliche stilistische Mängel. Gravierend sind sprachliche Defizite dann, wenn rechtliche Begriffe nicht korrekt erfasst werden. Dies schlägt auf die rechtliche Qualität der Bearbeitung durch.
VI. Das Zeitmanagement ist Teil der Prüfungsleistung und liegt damit im Verantwortungsbereich der Bearbeiter. Fehlende Zeit ist daher kein tauglicher Grund für eine Remonstration.
VII. Nicht jede Korrekturanmerkung weist auf einen Fehler der Bearbeitung hin. Zur effektiven Vorbereitung auf die erste juristische Staatsprüfung und Verbesserung der Leistungen in weiteren Übungsarbeiten dienen Korrekturen auch dazu, den Verfassern/innen der Klausur eine Hilfestellung in Form von Hinweisen und Ratschlägen zu geben, die das Lösen und Erkennen der Probleme in Zukunft erleichtern sollen. Dies fließt nicht unbedingt negativ in die Bewertung ein. Es obliegt den Remonstrationsführenden, glaubhaft zu machen, warum eine Korrekturanmerkung Auswirkungen auf die Gesamtbewertung der Klausur hat. Indiz hierfür kann ein Aufgreifen der Anmerkung im Votum sein.
VIII. Das Fehlen von Randbemerkungen – auch über weite Teile der Bearbeitung hinweg – trägt allein nicht die Behauptung, entsprechende Passagen seien nicht gelesen worden.
IX. Die vorgebrachten Rügen sollten auf die konkrete Fundstelle in der Arbeit Bezug nehmen (Seitenangabe) und in ganzen Sätzen ausformuliert sein. Es bietet sich an, die Argumentation mit Hinweisen auf Literatur, Rechtsprechung und die Lösungshinweise zu untermauern. Hierbei genügt die Angabe der Fundstelle. Beachtet werden sollte, dass eine Remonstration „keine neue Klausur“ ist. Eine in der Remonstration nachgeholte Begründung der in der Arbeit gefundenen Ergebnisse ist nicht Sinn der Remonstration. Maßgeblich für die Vertretbarkeit der vom Bearbeiter/von der Bearbeiterin vertretenen Auffassung sind nur die Ausführungen in der Arbeit.
X. Aufgrund des grundsätzlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraums der einzelnen Korrektoren/innen kann eine Remonstration nicht auf den Vergleich mit (vermeintlich) ähnlichen Klausuren anderer Bearbeiter/innen gestützt werden.
XI. Selbstverständlich sollte die Begründung der Remonstration in sachlichem, höflichem und respektvollem Umgangston erfolgen.